Die Suppenküche meldet „Kohlsuppe ist aus!“ oder mal wieder Von Krieg und Frieden

Gepostet von am Jan. 12, 2015 in GeDANKEnwelt

Ich mag diese Kohlsuppe nicht mehr. Weder stelle ich mich auf die Seite derer, die fäusteschwingend „Weg und nieder mit XY!“ tönen, denn durch die steuern wir ja scheinbar auf Krieg und offene Gewalt zu. Weder stelle ich mich auf die Seite derer, die das Gut-gemeint-Horn blasen und einfach für das Gegenteil von dem sind, wofür die anderen die Fäuste schwingen, denn, wie überraschend, die schüren letztlich, wenn auch selbst vielleicht weniger gewaltbereit, auch nur Krieg. Dieses Hüben und Drüben, dieses Niedermachen, weil ein anderer anderer Meinung ist oder etwas anderes will oder an etwas anderes glaubt, ist ständiges „Frieden durch Krieg“, ist so mittelalterlich. Es ist einfach unlogisch. Und es funktioniert nicht. Das beweist sich die Menschheit seit Jahrtausenden: mit Krieg, mit Gebrüll und Raserei, mit Abspaltung und Trennung erreichen wir keinen Frieden. Diese mittelalterlichen Versuche die Menschheitsproblematiken zu lösen, schmecken wie fünfmal aufgewärmte und verkochte Kohlsuppe. Ich lasse mich nicht auf eine Seite zerren, weder im Kleinen, noch im Großen. Ich mag Euch sagen, warum.

Ja, es gibt wichtige Themen, die uns unter den Nägeln, über den Köpfen, die in uns brennen. Es dampft, qualmt und zischt unter so manchem Topfdeckel hervor, der viel zu lange zugedrückt, statt gelüftet wurde. Und damit meine ich nicht nur weltwirtschaftliche oder weltpolitische Themen. Ich meine damit in erster Linie zwischenmenschliche Themen, jedes Menschen eigenen Topf. Massen von Menschen sind derzeit mit so manchem so leicht zu erhitzen, dass es nur eine Frage der Zeit zu sein scheint, wann uns die vielen Topfdeckel samt der Suppenküchen wieder einmal um die Ohren fliegen. Viele Töpfe stehen kurz vorm explodieren. An so vielen versuchen wir herumzuregeln. Doch nur einen Topf gibt es, an dem wir tatsächlich etwas regulieren können. Der Topf in jedem Einzelnen von uns, in dem all unsere Lebenserfahrungen samt den dazugehörigen Emotionen kochen. Jeder einzelne Mensch und wirklich JEDER Mensch auf diesem Planeten hat seinen eigenen Topf und schleppt seine eigene Suppe mit sich herum. Und jeder ist dafür zuständig, wie stark die eigene Suppe brodelt, wie fest der Deckel auf dem Topf sitzt und wie erhitzbar er selbst durch Ereignisse von Außen ist.

Egal ob der Besuch der „besserwisserischen“ Schwiegermutter, das Gespräch mit dem „bekloppten“ Chef oder einfach nur der Anblick eines Menschen, der sich auf eine bestimmte Art und Weise kleidet oder spricht, eine, die uns nicht gefällt – all das und noch mehr (und viel subtileres) kann das Feuer unter diesem Topf auflodern lassen und die Suppe zum Kochen bringen, in jedem einzelnen von uns. Und irgendwann kommt der Tag, da lässt sich kein Deckel dieser Welt mehr mit Gewalt oder um des lieben Friedens willen mit irgendwelchen Schutzmechanismen auf einer brodelnden Suppe festbinden. Irgendwann kommt der letzte Funke, der letzte Tropfen Öl ins Feuer und dann geht das Ganze hoch. Nichts anderes zeigen uns gerade die Ereignisse auf unserem Globus. Es ist die Art und Weise, wie jeder von uns mit seiner Suppe und seinem Topf umgeht. Das entscheidet, ob Krieg oder Frieden herrscht. Davon bin ich überzeugt. Wisst Ihr warum? Jeder, egal auf welcher Seite er steht, ist Mensch und kam als Baby völlig rein auf diese Welt, mit einem Topf, indem die Suppe sanft vor sich hinköchelte. Was ein Mensch in seinem Leben erlebt und wie er damit umgeht, das ist es, was uns erwachsenen Menschen ausmacht.

Auch mein Deckel war mal sehr fest auf meinem Topf festgezurrt, denn mir wurde beigebracht, dass mensch das so macht. Auch ich goss Öl in mein Feuer und ließ mich vom Feuer anderer anheizen oder ließ das Feuer fast ausgehen, denn ich wusste es einfach nicht besser. Doch irgendwann wachte ich auf und begriff, dass das nicht die Lösungen sein können, denn mein Leben war schrecklich. Ich war verbittert und traurig, mein Körper dabei, dauerhaft krank zu werden. All das noch bevor ich 35 war. Ich fragte mich: „Das soll Leben sein?“ und antwortete mir: „Nein!“ Und ich begann, mich um den Deckel und das Feuer unter meinem Topf zu kümmern, entfernte Schutzmechanismen, setzte mich dem Brodeln und Zischen meiner Erfahrungen und unterdrückten Emotionen aus, lernte neu und besser mit ihnen umzugehen. Frieden kehrte in so viele Bereiche ein.

Deshalb lasse ich mich nicht auf irgendjemandes Seite zerren, trotzdem ich sehr wohl zu vielen Dingen eine Meinung habe. Ich tue nicht „nichts“, wenn ich weder die Fäuste schwinge noch das Horn blase. Im Gegenteil, ich habe alle Hände voll zu tun, mich um meine eigene Suppe zu kümmern. Herz- und weltoffen, mit wachem Bewusstsein kümmere ich mich darum, dass meine Suppe sanft vor sich hinköchelt, der Deckel neben dem Topf liegt. Ich agiere da, wo ich wirklich die Möglichkeit habe etwas zu tun: in und mit mir. Ich achte in meinem engstem Umfeld darauf, jeden Menschen so zu nehmen, wie er ist und die zu sein, die ich bin. Wenn das Feuer des anderen das meine schürt, achte ich darauf, dass meine Suppe nicht überkocht. Der Deckel kommt nur noch in seltenen Fällen und kurz zum Einsatz. Ich habe keine Lust mehr auf mittelalterlichen „Es gibt nur zwei Seiten – deine oder meine“-aufgewärmten und blähenden Kohlsuppen-Fraß. Ich versuche nicht, auf irgendeine Weise Frieden zu machen. Ich übe mich jeden Tag aufs neue, Frieden zu sein.

 

3 Kommentare

  1. 1-12-2015

    Das ist seit Tagen der beste Artikel zum Thema !

    Vielen Dank und einen guten Start in die Woche!

    • 1-12-2015

      Wolfram, vielen Dank fürs Lesen!
      Ich wünsche ebenso eine gute und vor allem friedliche Woche.
      Kristina

    • 2-7-2015

      Genau! Denn Frieden kann man nicht verordnen oder befehlen. Man kann ihn nur täglich, stündlich üben und eben Friedensquelle sein. Jeder in seiner Umgebung. Das ist zu schmecken. Guten Appetit!

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